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Probefahrt bei Gebrauchtwagenkauf vom Händler und dennoch Rücktrittsrecht nach FAGG!!!

Ein Fernabsatzgeschäft kann selbst dann vorliegen, wenn sich der Kunde in den Geschäftsräumlichkeiten über den Vertragsgegenstand erkundigt hat. Die Folge ist ein 14-tägiges Rücktrittsrecht, das sich auf 1 Jahr und 14 Tage verlängert, sollte der Unternehmer seinen Informationspflichten nicht nachgekommen sein, was oft der Fall ist, wenn ohnehin davon ausgegangen wird, dass kein Fernabsatzgeschäft vorliegt.

OGH 23.09.2025, 5Ob168/24b

Von einem Geschäft im Fernabsatz gem. FAGG ist dann die Rede, wenn ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im Rahmen eines für die Lieferung im Fernvertrieb organisierten Verkaufs- oder Dienstleistungserbringungssystems geschlossen wird, wobei bis einschließlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet werden (z.B. Bestellung per Post, Internet, Telefon oder Fax) (vgl. ErwGr 20, Richtlinie 2011/83/EU). Vom Begriff Fernabsatzgeschäft sind aber auch Situationen erfasst, in denen der Verbraucher die Geschäftsräume (bloß) zum Zweck der Information über die Waren oder Dienstleistungen aufsucht und anschließend den Vertrag aus der Ferne verhandelt und abschließt. Lediglich ein Vertrag, der in den Geschäftsräumen eines Unternehmers verhandelt und letztendlich über ein Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, soll nicht als Fernabsatzvertrag gelten (vgl. OGH vom 17.05.2023, 6Ob49/23h).

Der OGH hatte sich aktuell mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Regelungen des FAGG auch dann zur Anwendung kommen, wenn der Verbraucher im gegebenen Fall mit dem später erworbenen Gebrauchtauto eine Probefahrt unternommen hat. Die Vorinstanzen verneinten dies mit der Begründung, dass das typische Informationsdefizit, das die besondere Schutzwürdigkeit des Verbrauchers durch das FAGG legitimiert im gegebenen Fall nicht zur Anwendung kommt. Mit Verweis auf EUGH Judikatur, lehnt der OGH diese einschränkende Auslegung des §§ 3 Z 2 iVm § 11 FAGG ab. Da der (Richtlinien-)Gesetzgeber nur von einer typisierten Betrachtung ausgehen kann, kommen die Bestimmungen mangels gesetzlicher Einschränkungen auch dann zur Anwendung, wenn sich die potenziellen Gefahren im Einzelnen nicht realisieren.

Ein persönlicher Kontakt zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer oder einer in dessen Namen oder Auftrag handelnden Person (im Sinn von deren gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit) in der Phase der Anbahnung des Vertrags steht der Qualifikation eines Vertrags als Fernabsatzvertrag iSd § 3 Z 2 FAGG nur dann entgegen, wenn es im Rahmen dieses Kontakts zu Vertragsverhandlungen gekommen ist.

Das bloße zur Verfügung stellen von Informationen, sei es auch im Geschäftsraum selbst, beseitigt das Rücktrittsrecht nach § 11 FAGG daher nicht  (vgl OGH vom 30.06.2022, 9 Ob 39/22h).

Achtung! 

Beim Rücktritt nach dem Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) steht dem Unternehmer auch kein Benützungsentgelt zu:

Im Fall des Rücktritts nach § 11 FAGG dürfen dem Verbraucher abgesehen von einem allfälligen Wertverlust infolge eines über die Prüfung hinausreichenden Umgangs des Verbrauchers mit der Ware (§ 15 Abs 4 FAGG) und den allfälligen Rücksendekosten und der Nichterstattung der Liefer-Mehrkosten keine Kosten auferlegt werden (§ 15 Abs 5 FAGG). Dies aber auch nur dann, wenn der Verbraucher gemäß § 4 Abs 1 Z 8 FAGG über sein Rücktrittsrecht ordnungsgemäß belehrt wurde (vgl OGH vom 20.05.2020, 6 Ob 36/20t). Die Beweislast über die erfolgte Belehrung trifft den Unternehmer (Hammerl in Kosesnik-Wehrle, KSchG5 § 15 FAGG Rz 15).
Ein Benützungsentgelt  steht jedenfalls nicht zu! (ErlRV 89 BlgNR XXV. GP 37; statt vieler Hammerl in Kosesnik-Wehrle, KSchG5 § 15 FAGG Rz 16; vgl auch 6 Ob 36/20t)

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