Der Immissionsunterlassungsanspruch des Nachbarn gegenüber einem Störer setzt das Überschreiten der ortsüblichen Verhältnisse über das gewöhnliche Maß hinaus und kumulativ die wesentliche Beeinträchtigung bei ortsüblicher Benutzung der Liegenschaft voraus (vgl. RIS-Justiz: RS0010557).
Die Frage, ob Lärm die ortsübliche Nutzung der Nachbarliegenschaft wesentlich beeinträchtigt, hängt nicht nur von ihrer objektiv messbaren Lautstärke (im Sinn der Erhöhung des Grundgeräuschpegels), sondern auch ihrer subjektiven Lästigkeit ab, wobei auf das Empfinden eines durchschnittlichen Anwohners abzustellen ist. Die Schallwertgrenzen nach einschlägigen Normen etwa für Wohngebiete sind nicht ausschlaggebend, sondern meist eher ein Indiz. Für die Lästigkeit sind neben der Tonhöhe nämlich auch Dauer, Häufigkeit, Eigenart und Tageszeit des Lärms maßgeblich (vgl. RIS-Justiz: RS0010557). Der OGH hält hier an seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass es nicht darauf ankommt, dass die Störung eine konkrete Änderung oder Beeinträchtigung des Nutzverhaltens bewirkt. Es reicht viel mehr aus, dass der Lärm für einen normal empfindlichen Menschen als störend empfunden wird. In Wohngegenden kann das etwa der Fall sein, wenn die als lästig empfundene Lärmimmission die Nachtruhe bzw das Ruhe- und Schlafbedürfnis wesentlich stört. Dasselbe gilt allerdings auch für Gerüche, Gase, Rauch oder Abwässer und Erschütterungen.
"In der wiederholten und empfindlichen Störung der Nachtruhe (22.00 – 6.00) von Hausbewohnern kann in der Regel eine ortsübliche Immission nicht erkannt werden. Die objektive Erhöhung des Grundgeräuschpegels muß zu einer subjektiven Lästigkeit für normal empfindliche Menschen führen, wodurch deren Ruhebedürfnis und Schlafbedürfnis wesentlich gestört wird." (vgl. RIS-Justiz: RS0037171)
In der hier besperochenen Entscheidung hat der OGH sich auch mit der Ortsüblichkeit von Immissionen auseinandergesetzt und dem Analogieschluss des Landesgerichts Linz als 2. Instanz eine Absage erteilt. Dieses hat nämlich die Judikatur zu neu hinzuziehenden Nachbarn, die sich bestehende Immissionen weitgehend gefallen lassen müssen, auch auf diejenigen Eigentümer analog anzuwenden versucht, die ihr Eigentum schlicht über längere Zeit nicht genutzt haben. Der zugehörige Rechtssatz lautet:
"Grundsätzlich müssen neu hinzukommende Nachbarn sich mit der im Gebiet vorherrschenden Immission abfinden, zumal in immissionsbelasteteren Gebieten auch die Grundstückspreise entsprechend niedriger sind. Bei gesundheitsschädlichen Immissionen besteht eine Duldungspflicht aber nur dann, wenn die Duldung in Kenntnis der Gesundheitsschädlichkeit erfolgt. Dabei ist aber nicht subjektiv auf den Kenntnisstand des Käufers abzustellen, sondern darauf, ob einem durchschnittlich sorgfältigen Käufer die Gesundheitsschädlichkeit der vom Nachbargrundstück ausgehenden Immission erkennbar gewesen wäre. Ist dies der Fall, dann muss der Käufer auch eine gesundheitsschädliche Immission als ortsüblich dulden." (vgl. RIS-Justiz: RS0112502) – Keine analoge Anwendung dieses Rechtssatzes auf Nachbarn, die einfach längere Zeit abwesend waren.
Dazu gehört auch die Klarstellung, dass ein Hinnehmen von Immissionen von einem Grundstück diese nicht ortsüblich macht (vgl RS0117865). Dies ist laut OGH nur dann denkbar, wenn die Immissionen von einem Grundstück ausgehen, das den Raum bzw die Örtlichkeit prägt, wie dies bei Großbetrieben, Bahnanlagen, Gondelseilbahnen oder großen Sportanlagen der Fall sein kann.
Es war mir eine Ehre diese Entscheidung in der aktuellen Immolex glossieren zu dürfen: OGH 17.12.2024, 10 Ob 38/24x, immolex 2025/101
Praxistipp:
Wie sooft handelt es sich gerade, wenn es um die Frage von Störungen durch Nachbargrundstrücke geht, um sogeannte Fragen des Einzelfalls. Erfolgsentscheidend ist es den konkreten Lebenssachverhalt genau zu erfassen, dazu passende Judikatur herauszuarbeiten um schlussendlich mit dem richten Vorbringen alles rechtlich mögliche zu tun, um den Anspruch des Mandanten oder der Mandantin zum Erfolg zu verhelfen.
Werden auch Sie von Ihren Nachbarn gestört? – Vereinbaren Sie noch heute einen Termin, ich höre zu und gebe Ihnen eine Ersteinschätzung, helfe Ihnen gegebenenfalls Ihren Anspruch durchzusetzen, sage Ihnen aber auch ehrlich, sollten Sie mit Ihrem Vorhaben keine Erfolgsaussichten haben.